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Fotografie
Marc Hohenleitner

Fotos von der Kamera auf ein Tablet übertragen


Die Idee war mir letztes Jahr gekommen, es wäre doch toll, wenn man die gemachten Fotos sofort “in größer” auf einem Tablet betrachten könnte. Man könnte sich die Bilder zusammen mit dem Model oder einem Kunden ansehen. Der Kunde weiß dann schon was er bekommt und dem Model kann man zeigen was toll war (oder auch was nicht ganz so toll war ;) ). Also eigentlich eine coole Sache!
 
Viele Kameras bieten inzwischen schon integriertes WLAN an. Leider keine Kamera die ich besitze, auch die ganz aktuelle 1D-X Mark II nicht. Canon gibt als Grund dafür das gut abgeschirmte Gehäuse der 1D-Kameras an. Ein integrierter WLAN-Access Point hätte deshalb kaum Reichweite. Und so ganz unrecht hat Canon damit nicht – ich habe nämlich eine Eye Fi-Karte damit getestet. Eye Fi-Karten sind SD-Karten mit integriertem WLAN und da die 1D-X und 1D-X II keinen SD-Kartenslot besitzen, führt hier nur der Weg über einen SD zu CF-Adapter. Leider kommt damit wirklich kaum ein Funksignal beim Tablet an. Erschwerend ist in dieser Konstellation sicher, dass die WLAN-Karte noch zusätzlich in dem (metallummantelten) SD-CF-Adapter steckt.
 
Was gibt es sonst noch? Canon bietet als optionales Zubehör den “WFT-E6(B)” an. Hinter der sperrigen Bezeichnung verbirgt sich ein externe WLAN-Dongle. Das entscheidende ist aber, dass er extern an der Kamera angebracht wird! Die Gehäuseschirmung spielt hier also keine Rolle. WFT steht übrigens für “Wireless File Transmitter”, was auf Deutsch so viel wie “kabelloser Datenübertrager” bedeutet. Die Version B des WFT-E6 ist für (WLAN)-Funkfrequenzen in Europa zugelassen, die Versionen A bis E unterscheiden sich nur durch die genutzen Funkfrequenznen.
 
Also testen wir mal das Ganze mit dem WFT-E6B :) . Grundsätzlich bietet das Gerät mehrere Betriebsarten an:
 

  • es kann als FTP-Client fungieren
  • als WFT-Server (eine Art browserbasierte Kamerasteuerung)
  • in Verbindung mit dem PC-Programm “EOS Utility”
  • als DLNA-kompatibler Medienserver
  • kann über den WFT bis zu 10 andere Kameras auslösen (wenn alle Kameras mit WFTs ausgestattet sind, Master/Slave)
  • ein Mischbetrieb um andere Kameras auszulösen (Master/Slave) und der WFT-Server-Funktionalität
  • kann über den WFT mit bis zu 10 anderen Kameras die Zeit synchronisieren (wenn alle Kameras mit WFTs ausgestattet sind, Master/Slave)
  • sich über Bluetooth mit (kompatiblen) GPS-Geräten verbinden – zwecks Georeferenzierungen für die 1D-X (die 1D-X II besitzt eine eingebaute GPS-Einheit)

 
Ganz schön viel, trotzdem halte ich den Preis von 500 bis 700 Euro (je nach Händler – unbedingt Preise vergleichen!) für weit überteuert!!
 
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass in Verbindung mit der 1D-X entweder NUR der WFT-E6B ODER der GP-E1 (GPS-Dongle) genutzt werden kann. Beide Geräte belegen nämlich den gleichen Accessory-Port an der Kamera und können somit NICHT gleichzeitig genutzt werden!
 
Inzwischen gibt es mit dem WFT-E8(B) auch einen eigenen WLAN-Dongle für die 1D-X Mark II. Allerdings ist dieser nicht abwärtskompatibel! Das heißt, der WFT-E6 kann mit der 1D-X UND der 1D-X II genutzt werden – der WFT-E8 aber NUR mit der 1D-X Mark II! Hauptunterschied ist, dass der WFT-E8 schnellere IEEE 802.11ac-WLAN-Netze unterstützt. Benötigt man diese nicht, ist man mit dem Vorgänger – WFT-E6 – besser beraten, gerade wenn man – wie ich – die 1D-X und 1D-X Mark II nutzt ;) .
 
Meine angestrebte Nutzungsart ist die FTP-Client-Funktion. In dieser überträgt der WFT die gemachten Fotos entweder sofort (oder nach vorheriger Auswahl) auf einen FTP-Server. Also muss eine FTP-Server-App installiert werden. Eine zweite App ist für das Ganze auch noch ganz nützlich – Adobe “Lightroom mobile”. Diese kann in der aktuellen Version sogar übertragene Bilder automatisch einbinden. Ähnlich einer Ordnerüberwachung bei PC-Programmen. So hat man die übertragenen Bilder gleich in Lightroom mobile und kann sich neben der Beurteilung der Schärfe z. B. auch ein vollwertiges Histogramm ansehen :) . Hat man kein Lightroom mobile, kann man die Bilder natürlich auch mit der jeweiligen Standard-Foto-App betrachen!
 
Die Konfiguration des WFT ist leider von Canon nur lückenhaft beschrieben. Selbst die Bedienungsanleitung lässt viele Lücken und Fragen offen! Für Leute ohne fundiertes Netzwerkwissen stelle ich mir die Konfigration kompliziert vor. So unterstützt der WFT die WLAN-Betriebsarten “Infrastructure” und “Ad-hoc”. Infrastructure würd man wählen, wenn ein externer Access Point genutzt werden sollte, “Ad-hoc” wenn man quasi ein Peer-to-Peer-WLAN-Netz aufbauen möchte. Zur Authentifizierung stehen im Infrastructure-Modus “Open”, “Shared Key”, “WPA-PSK” und “WPA2-PSK” zu Verfügung – zur Verschlüsselung “TKIP” und “AES”. Im Ad-hoc-Modus steht zur Verschlüsselung nur “WEP” zur Verfügung. Aus Sicht der optimalen Verschlüsselung wäre auch im Ad-hoc-Modus WPA2-PSK mit AES ideal gewesen, WEP stellt heutzutage keinen wirkungsvollen Schutz mehr dar. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass das Gerät auch WPS/Button und WPS/PIN unterstützt. Die IP-Adressierung habe ich per DHCP vornehmen lassen. Die manuelle Vergabe der IPs ist möglich, dann schlägt aber die Verbindung mit dem Tablet fehl, dazu mehr im nächsten Absatz. Man kann den WFT auch so einrichten, dass entweder nur RAWs oder nur JPGs (oder auch beide zusammen) übertragen werden. Es empfiehlt sich also in RAW + JPG zu fotografieren und nur die JPGs übertragen zu lassen.
 
Der wesentlich(!) schwierigere Teil ist die Einrichtung des Android-Tablets. Tablets (egal ob Android oder Apple) unterstützen leider keine Ad-hoc-WLANs! Deshlab kann man in dieser Konstellation den WFT nicht nutzen. Also muss die mobile Hotspot-Funktion genutzt werden. Leider gibt es bei Android-Tablets OHNE SIM-Karte über die GUI keine Möglichkeit darauf zuzugreifen! Eine App löst dieses Problem, da die Funktion im System vorhanden ist, nur in der GUI nicht sichtbar… Zweitens muss ein FTP-Server installiert werden. Hier gibt es mehrere Alternativen, eigentliche haben alle mehr oder minder gut funktioniert. Der Unterschied liegt nur in der Konfiguration des Servers.
 
Einen weiteren Stein legt Android in den Weg – da Fotos die per FTP übertragen werden, nicht automatisch in das Android-System integriert werden. Man kann die Fotos dann schlicht nirgends aufrufen. Ich habe hier eine App genutzt, die den FTP-Ordner mit der aktuellen Datenbank abgleicht und neue Fotos so automatisch in Android einpflegt.
 
Da das Ganze leider nicht automatisch abläuft, habe ich ein Script erstellt, das mir 1. den mobilen Hotspot ausführt, 2. den FTP-Server startet und 3. auf ein weiteres Script übergeht, in welchem die App, welche die Fotos integriert in einem Loop ausgeführt wird. So ist es möglich die übertragenen Fotos sofort auf dem Tabelt betrachten zu können und z. B. auch in Lightroom mobile verarbeiten/bewerten etc… zu können. :)
 
Wie erwähnt halte ich die Dokumentation des WFT selbst für mangelhaft! Die Einrichtung des gewünschten Setups auf einem Tablet ist schwierig und ohne Netzwerkkenntnisse (TCP/IP, Script erstellen) kaum zu schaffen. Nach der Einrichtung funktioniert aber alles tadellos und die Übertragungsgeschwindigkeit bzw. die Reichweite sind sehr gut. :)
 
marc
 

 

Eine Antwort to “Fotos von der Kamera auf ein Tablet übertragen”

  1. Hallo Herr Hohenleitner,

    ich habe mit großen Interesse den Artikel gelesen, da ich (mit einer kleineren Canon Kamera) vor der gleichen Herausforderung stehe.
    IPAD-Benutzer haben es mit Shuttersnitch ja echt einfach…

    Ich freue mich, dass es bei Ihnen jetzt so gut funktioniert.
    Leider habe ich es selbst noch nicht so gut hinbekommen.
    Ich weis z.B. nicht, welche APP sie benutzen, um die Mediendateien zu aktualisieren.
    Außerdem bin ich technisch nicht so begabt, da bereits etwas älter.
    Automate habe ich installiert und kann auch den Hotspot damit starten.
    Allerdings bekomme ich den Rest irgendwie nicht hin.
    Vielleicht ist das zu kompliziert für mich.

    Würden Sie evtl. einem Hobbyfotografen Ihr Skript zur Verfügung stellen?
    Ich habe gesehen, dass in den Einstellungen auch die Möglichkeit eines Backup ist, z.B. zu Google Drive. Den Link könnten Sie dann für mich freigeben.
    Das wäre große Klasse!

    Gruß und eine gute Sommerzeit,

    Sebastian Lotz

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